Supply-Chain-Integrationsprojekt für Stahlproduzenten
Eines der führenden Stahlunternehmen Lateinamerikas hat sich in Mexiko durch Firmenzukauf neue operative Möglichkeiten und Perspektiven erschlossen. Die so entstandene Unternehmensstruktur machte aber auch die Implementierung einer einheitlichen Produktionsplanung notwendig. Auf Basis der langjährigen Partnerschaft und den umfangreichen Erfahrungen in der Stahlindustrie entschied sich das mexikanische Unternehmen für Advanced Information Systems, seit August diesen Jahres ein Unternehmen der PSI. Mit den von AIS entwickelten SteelPlanner Lösungen wurden die Abläufe der Unternehmen und Standorte schrittweise aufeinander abgestimmt. Die Reduzierung der Durchlaufzeiten um 75 Prozent ist nur eines der Highlights aus diesem Integrationsprojekt.
Durch den Zukauf verschiedener Stahlunternehmen produziert das Unternehmen als neuer mexikanischer Global Player nun über fünf Millionen Tonnen Stahl pro Jahr. Die Produktionsprozesse reichen vom CSP-Verfahren über Warmwalzwerke bis hin zu Lackierstraßen und Service Centern. Der neue Verbund nutzt die Anlagen an verschiedenen Standorten, was sich in der komplexen ITInfrastruktur zeigte. Unterschiedlichste Produktionssysteme auf der Basis von STRATIX und SAP existierten nebeneinander.
Die PSI/AIS-Lösung SteelPlanner sollte vor allen Dingen die neuen Herausforderungen hinsichtlich integrierter Produktionsprozesse und Supply Chain Management lösen. Das Ziel der Einführung war es, alle Fertigungsabläufe zu koordinieren und aufeinander abzustimmen, um eine optimal integrierte Produktionsplanung und -steuerung sowie einen Transportplan für den Materialfluss zwischen den Standorten zu erhalten. Um mit mehr Kundenorientierung und einer verbesserten Liefertreue zu punkten, war es zudem ein wichtiges Ziel, den kompletten Auftragsbestand des Verbundes jederzeit zu kennen und die zugesagten Lieferzeiten für jeden Auftrag garantieren zu können – für Kundenaufträge ebenso wie für die internen Materiallieferungen. Weitere Anforderungen an das System waren die unkomplizierte Anpassung und Aktualisierung von Planungsstrategien sowie mehr Transparenz und Flexibilität bei potenziellen Problemen in der Produktion.
Für das Supply Chain Management wurde der SteelPlanner auf einer übergeordneten Ebene eingesetzt. So konnten in einem einzigen Modell verschiedene Produktionseinheiten zu einem einzigen Standort mit einer einheitlichen Supply Chain vereint werden. Auch können dadurch neue, verbesserte Arbeitsabläufe schnell und einfach implementiert werden. In der Metallindustrie bereits bewährte Module lösen dabei standortübergreifend die verschiedenen, spezifischen Planungs-, Steuerungs- und Materialflussaufgaben.
Die Spezialisten von AIS empfahlen zudem eine schrittweise, modulare Vorgehensweise, die die Einführung neuer Versionen mit neuen Funktionalitäten in kürzeren Abständen möglich macht. So wurde zum Beispiel ein erster Teilbereich des Werkes integriert, erst dann folgten schrittweise nachgeschaltete Werke. In jedem Projektzyklus wurden neue Zielvorgaben für die nächste Leistungsversion festgelegt, um Prioritäten innerhalb der Supply Chain und wertvolle Zwischenergebnisse zu erlangen.
Die integrierte Lösung basiert auf der Einführung verschiedener SteelPlanner Module, die unterschiedlichste Funktionalitäten unterstützen:
Die Lösung für die übergeordnete Materialsteuerung musste folgendes leisten:Einen kompletten Überblick über den Durchsatz aller Werke und den Materialfluss zwischen allen Anlagen. Dies löst der SteelPlanner durch eine Kapazitätsplanung, welche die Anlagen über Produktionslinien bzw. Prozesse (bei gleichen Linien) und Aufträge über Produktfamilien abbildet. Das System liefert für jede Produktionslinie täglich einen Plan mit einem Zeithorizont von 60 Tagen sowie die daraus resultierende Entwicklung des Bestandes sowie den Transportplan für alle Produktionsanlagen.
Berücksichtigt werden der Liefertermin, der Arbeitsplan einschließlich technischer Einschränkungen (Kühl- oder Transportzeiten) und alternativer Routen, die Anlagenleistung (Verfügbarkeit von Produktionslinien, auftragsbedingte Leistungseinschränkungen, Kampagnen). Auch die Lagerrestriktionen, Zielbestände sowie die übergeordneten wirtschaftlichen Zieles des Unternehmens fließen mit ein. Das Modul erarbeitet innerhalb von 20 Minuten einen Plan für den Materialfluss und liefert die bestmögliche Lösung bei definierten Vorgaben. Der Transfer zwischen den Werken wird bewertet und alternative Wege für spezielle Aufträge aufgezeigt. Der Anwender kann mehrere Simulationen durchspielen,um so zum optimalen Materialfluss zu kommen.
Die Ergebnisse sind überzeugend: Die Lagerbestände und die Durchlaufzeiten wurden deutlich reduziert. Geplante Anlagen- Stillstände sind bereits einkalkuliert, so dass alternative Strategien entwickelt und die nötigen Materialströme zwischen den Werken simuliert werden. Der Anwender kann die Ergebnisse benutzerfreundlich und grafisch aufbereitet im Intranet einsehen und überprüfen.Auf der Basis des übergeordneten Auftragsbestands und der Produktionsplanung werden die erwarteten Lieferzeiten für jeden Auftrag ermittelt, sowohl für Kundenaufträge als auch für interne Materiallieferungen. Dazu wird der Produktionsweg jeder Bestellung abgebildet, der aktuelle Stand registriert und die nachgeschalteten Produktionslinien entsprechend dem zuvor definierten Materialfluss gesteuert. Das Ergebnis ist eine drastische Verkürzung der Planungszeiten: Der bisher viertägige manuelle Prozess wurde durch eine Berechnung ersetzt, die über Nacht durchgeführt werden kann.
Da der Stahlproduzent mehr als drei Millionen Tonnen Brammen an eine Vielzahl von Versorgern liefert, war angesichts der beschränkten Gießkapazitäten auch eine effektive Vormaterialsteuerung erforderlich. Diese Aufgabe erledigt nun ein Modul des SteelPlanner, das die Brammen den Aufträgen zuordnet und eine Bedarfskalkulation mit dreimonatigem Zeithorizont erstellt. Dazu werden bestätigte und geplante Aufträge ebenso wie vorhandene und geplante Brammen mit ihrem jeweiligen Standort in das System eingespeist. Entsprechende Zuweisungsregeln legen fest, welche Bramme welchem Auftrag zugeordnet, wann sie wohin transportiert und in welcher Produktionslinie sie weiterverarbeitet wird. Dabei berücksichtigt das System die spezifischen Anforderungen, Mengen und Qualitäten ebenso wie die vereinbarten Lieferzeiten oder Beschränkungen der Supply Chain. So kann das Unternehmen nun seine Brammenversorgung durch eine übergeordnete Beschaffungsstrategie optimieren.
Die Implementierung einer übergeordneten Planungslösung über die unterschiedlichsten Produktionssysteme der ehemals eigenständigen Werke führt zu einer integrierten Supply Chain, die geplante Stillstände im Materialfluss gleich berücksichtigt. Die Optimierung der Vormaterialsteuerung und der Beschaffungsplanung erschließt Synergiepotenziale und wird sich deutlich in der Wirtschaftlichkeit des Verbundes zeigen. Durch die modulare Vorgehensweise von AIS konnten viele Planungs- und Steuerungsaufgaben parallel gelöst werden. Die Lagerbestände sowie die Durchlauf- und Planungszeiten wurden drastisch reduziert, Flexibilität und Transparenz deutlich erhöht. Mit einer stark verbesserten Lieferperformance kann der mexikanische Stahlproduzent seine Wettbewerbsvorteile weiter ausbauen.
Autor: Dr. Caren Möhrke, Marketing Services, Düsseldorf